von Julia Rider
Ernährungswissen
Was sind eigentlich Darmbakterien?
In unserem Darm leben mehr als eine Billionen Bakterien, die aus bis zu 1.000 verschiedenen Bakterienfamilien stammen können. Und was das Ganze noch unglaublicher macht, ist, dass jedes Bakterium eine bestimmte Funktion erfüllt und zusammen mit den restlichen Bakterien unsere Darmflora, die so individuell ist wie unser Fingerabdruck, bildet.
Eine möglichst breite Vielfalt an Darmbakterien ist erstrebenswert, da so viele verschiedene Funktionen abgedeckt werden können. Aufgaben der Darmbakterien sind bspw. die Produktion von B-Vitaminen und Vitamin K oder die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren, die vor Darmkrebs schützen können. Sie sind bei der Verdauungsarbeit und bei der Immunantwort beteiligt. Darmflora und Darmschleimhaut bilden zusammen eine wichtige Barriere im Kampf gegen die mit der Nahrung aufgenommenen Erreger. Darmbakterien können außerdem die Produktion von Hormonen wie den Glückshormonen Serotonin (zu 90%) und Dopamin (ca. 50%) anregen bzw. übernehmen.
Im Kampf gegen Krankheitserreger kann man sich die Darmbakterien wie einzelne Streitkräfte eines Landes vorstellen. Um Recht und Ordnung durchzusetzen, stehen verschiedene Streitkräfte zur Verfügung: Wir haben das Gericht, das für Gerechtigkeit sorgt und Gesetze durchsetzt. Wir haben die Polizei, die sich wiederum in Landes- und Bundespolizei gliedert, und wir haben das Militär, welches sich ebenfalls in die Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine aufteilt. Jeder einzelne dieser Streitkräfte übernimmt dabei eine bestimmte Aufgabe und bringt bestimmte Schwächen und Stärken mit, aber zusammen genommen sorgen sie dafür, dass das Land sicher bleibt und Angreifenden keine Chance bleibt. Genauso ist es mit unserer Darmflora – eine vielfältige, sich im Gleichgewicht befindende Darmflora schützt unseren Körper und beeinflusst dabei viel mehr, als wir uns vorstellen können.
Leider hat die Diversität und Artenvielfalt in den letzten Jahrzehnten sehr stark abgenommen und nimmt weiterhin von Generation zu Generation ab. Ein Grund hierfür ist vor allem unser westlicher Lebensstil, aber auch Stress und Medikamente können unsere Darmbesiedlung negativ beeinflussen. Vor allem Antibiotika können unsere Darmbakterien in ein Ungleichgewicht versetzen, da sie nicht nur die krankmachenden Bakterien abtöten, sondern auch unsere „guten“ Helfer. Ein gestörtes Gleichgewicht wie z.B. in Form einer Dünndarm-Fehlbesiedlung kann zu starken Gesundheitsbeschwerden führen oder vermutlich sogar weitere Krankheiten auslösen.
Noch ist das Mikrobiom bzw. unsere Darmflora noch ein recht junges Gebiet der Wissenschaft, aber der Zusammenhang zwischen chronischen Immunerkrankungen, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Allergien ist schon recht gut erforscht. Hier ist ein klarer Zusammenhang erkennbar: Weniger Vielfalt im Mikrobiom bedeutet ein erhöhtes Risiko, einen Typ-1-Diabetes zu bekommen oder eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa zu entwickeln. Das Risiko für die Entwicklung von Allergien und/oder Asthma ist ebenfalls erhöht.
Um den Zusammenhang zwischen Mikrobiom und weiteren Erkrankungen festzustellen, sind noch mehr Studien notwendig und nicht immer lässt sich die Kausalität so einfach erklären. Hier spielt die bekannte Frage eine Rolle: Wer war zuerst da, die Henne oder das Ei? Verursacht das Mikrobiom die Erkrankung oder beeinflusst die Erkrankung das Mikrobiom?
Was kann man tun, um seine Bakterienvielfalt zu fördern? Neben einer ausgewogen Ernährung gehören keine unnötige Antibiotikagabe, keine übertriebenen Hygienestandards und keine Kaiserschnitte zu den Dingen, die die Diversität der Bakterien fördern. Auch das Stillen hat einen positiven Einfluss: Je länger gestillt wird, desto mehr Kontakt zu Bakterien der Mutter bekommt das Kind.
Im nächsten Blogbeitrag folgen dann die Tipps zu einer darmgesunden Ernährung. Bis dahin!